Das Viertelton – Klavier
Die in der heutigen abendländischen Musik verbreitete Teilung der Oktave in 12 gleich große Halbtonschritte war keinesfalls immer schon selbstverständlich und unser Tonsystem musste durch die Jahrhunderte erst entwickelt werden. Gelang es 1691 Andreas Werkmeister die 12-Teilung der Oktave einzuführen, mehrten sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Stimmen nach Verwendung der zwischen den Halbtonschritten liegenden Mikro- bzw. Vierteltönen. 1923 entwickelte die Klaviermanufaktur A. Förster gemeinsam mit dem tschechischen Komponisten und Musiktheoretiker Alois Hába die erste Version des Vierteltonflügels, dessen Tastatur Sie auf dem Titelbild dieses Beitrages sehen.
Doch das war nicht das erste Mal, wo die Klaviertastatur nicht die gewohnte Optik hatte. Schafft es die Mehrheit aller Instrumente, die kleinsten Intervalle wieder zu geben, ist das auf einem Tasteninstrument mit vorgegebener Tastenanzahl – im Normalfall 88 Tasten – nicht ohne weiteres möglich. Die Tasten mussten geteilt werden, um die neuen Töne wiedergeben zu können. Solange Stimmungen wie z. B. die mitteltönige im Umlauf waren, hat man unterschiedliche Tasten für cis und des, dis und es usw. verwendet. Bestimmt hatten die “Clavierspieler” der Zeit keine leichte Aufgabe.
Beim Anblick dieser komplexen Tastatur-Systeme ist man als Klavierspieler*in unseres Jahrtausends nahezu erleichtert, mit “nur” 88 schwarzen und weißen Tasten und 10 Fingern hantieren zu müssen – auch dies ein unendliches klangliches Abenteuer und eine Wissenschaft für sich.