Schauspieler und Musiker Stefan Jürgens im Interview

Schauspieler und Musiker Stefan Jürgens im Interview

Wir möchten Sie auf ein besonderes Konzert mit Stefan Jürgens am 3.3.2023 im Wiener Konzerthaus hinweisen, wo man ihn mit seinem neuen Programm “so viele farben” und unserem Yamaha C6X Flügel erleben darf. Für nähere Infos bitte hier klicken: Stefan Jürgens im Konzerthaus

 

Den bekannten Schauspieler und Musiker, einen Freund und Kooperationspartner des Hauses, welcher immer wieder den A. Förstl Konzertservice  in Anspruch nimmt, konnten wir für ein Interview im Klavierhaus A. Förstl gewinnen, welches wir sehr gerne mit Ihnen teilen möchten.

 

Interview mit Stefan Jürgens, Klavierhaus Förstl (15.11.22)

 

  • Sie sind ja ein beliebter Schauspieler und haben vor zwei Tagen den Publikumspreis Nestroy 2022 gewonnen – herzliche Gratulation dazu! Sie sind aber auch Musiker und somit sehr vielseitig tätig. Benötigen Sie diese Abwechslung zwischen den beiden Welten? Was kann daran aufregend und was schwierig sein?

Stefan Jürgens: In früheren Zeiten war die Koordination zwischen der Musik und der Schauspielerei etwas schwierig, als man noch um jeden Job kämpfen musste, um in beiden Bereichen in irgendeiner Art und Weise nach vorne zu kommen. Da ist es mir auch passiert, dass ich tagsüber gedreht und abends ein Konzert gemacht habe oder ich war in irgendwelchen Produktionen und musste dann zwischendurch auf den Dreh oder ins Theater zum Proben, damit alles miteinander funktionierte. Mittlerweile kann ich in Blöcken denken, das heißt, als ich z.B. noch bei der SOKO in Wien war, habe ich sieben Monate durchgearbeitet und habe abends meine Notizen für neue Songs geschrieben. Als die Zeit dann vorbei war, bin ich ins Studio oder ans Klavier gegangen und habe an meiner Musik gearbeitet. Insofern ist das heute alles einfacher zu bewerkstelligen.

 

  • Die Kunst- und Kulturszene kommt nach den letzten zwei schwierigen Jahren wieder in Schwung. Sie durften Ende Oktober 2022 im Wiener Konzerthaus gastieren. Konnten Sie in den letzten Jahren an Ihren Musikprojekten arbeiten?

Stefan Jürgens: Ich konnte die Zeit gut nutzen. Als die Pandemie 2020 begonnen hat, war ich mit meinem Trio gerade im 4. Konzert einer 30-tägigen Konzertreise. Das war natürlich zutiefst frustrierend. In der Zeit zuhause habe ich angefangen, meine eigenen Konzerte zu machen und habe aus meinem Kuhstall einen kleinen, provisorischen Konzertraum gebaut, einen „Stadl“ wie man hier in Österreich sagt. Wir haben dann sechs Konzerte mit Musiker-Gästen veranstaltet, die wir auf vimeo vermarktet und verkauft haben, weil ich schon damals der Meinung war, dass wir Musiker unsere Werke nicht permanent nach außen verschenken können.

Als es dann 2020 nicht weiterging und 2021 die verschobene Tour auch abgesagt werden musste, bin ich wirklich ins Grübeln gekommen. Ich habe dann aus der Not eine Tugend gemacht und entschieden: „Ich gehe jetzt alleine auf die Bühne und bin als Solist unterwegs“, was natürlich für jemanden wie mich, der vom Instrument zwar kommt, aber doch nicht so virtuos geübt war und immer meine Musiker um mich herum hatte, die mich abgedeckt und gesichert haben, eine große Challenge war. Das bedeutete, dass ich bei einem sehr, sehr guten Pianisten Klavierunterricht genommen und sechs Monate Tag und Nacht gearbeitet habe, um das alles als solistisches Konzert verkaufen zu können. Ich bin dann im Oktober 2021 mit dem Solokonzerten in Berlin gestartet. Und das hat gut funktioniert!

Ende des Jahres 2021 haben wir beschlossen, im Herbst 2022 mit den besten Songs von mir ein Best-Of-Programm zu machen und diese auf zwei Instrumente zu arrangieren. Wir haben dafür auch eine Platte „So viele Farben“ produziert. Im Oktober 2022 sind wir mit dem endgültigen Programm „So viele Farben“ rausgegangen, was glücklicherweise sehr großen Erfolg gebracht hatte.

Also das wäre ohne diese Pandemie alles gar nicht passiert. Man muss diese Phase Menschheit nicht gut reden, aber ich gehöre zu den Menschen, die versuchen aus den Situationen, die sich ergeben, das Beste daraus zu machen. Für Menschen, die so denken, gab es auch viele Chancen in dieser Zeit. Und ich habe viele Menschen erlebt, die diese Chancen genutzt haben. Ich gehöre definitiv dazu!

 

  • Sie waren von 2007–2021 als Kommissar Ribarski in der beliebten ORF TV-Serie „Soko Donau“ zu sehen. Woran erinnern Sie sich gerne? Wie schwer ist Ihnen heuer der Abschied von der TV-Serie gefallen?

Stefan Jürgens: Ich erinnere mich an viele Dinge gerne, vor allem an dieses gesamte Team und die tolle Atmosphäre, die wir hatten. Ich habe allerdings schon vor 2021 darüber nachgedacht, aufzuhören. Nicht, weil ich es satt war, sondern weil ich grundsätzlich der Meinung bin, dass man sich nicht mit allen Dingen ewig beschäftigen sollte. Aber dann kamen ein paar Veränderungen in der Mannschaft durch den Weggang von Seeberg und Sigl und ich habe gewartet, bis sich das etwas stabilisiert hat. Und dann kam das Jahr 2019 und es war klar: „Ich höre im nächsten Jahr auf.“

Ich wollte wieder ins Wasser und schwimmen und das habe ich dann gemacht. Und natürlich, weil mir das nicht alles zum Halse rausgehängt hat, aber weil ich der Meinung bin, an einem gewissen Punkt findet eine Routine statt, der ich mich nicht ausgesetzt fühlen wollte. Und außerdem bin ich mit 59 in einem Alter, wo es langsam Zeit wird, dass ich auch noch etwas Neues probiere, bevor es dann mit Rollator über die Ringstraße geht.

Insofern war es aus der Arbeit ein sehr, sehr leichter Abschied mit einem weinenden Auge. Die Prozesse, die dazu führen, waren abgeschlossen, als ich aufhörte. Ich habe ein Jahr sozusagen Abschied genommen. Als ich dann gegangen bin, war’s auch gut, es war feucht, es war fröhlich, es war lang, sentimental und dann dreht man sich um und geht.

Was mir schwerer gefallen ist, war der Abschied aus Wien im Mai 2021. Also in einer Woche meine Wohnung auszuräumen und alles zusammenzupacken, das war keine Zeit, über die ich gerne nachdenke. Aber auch da war es so: Der Wagen war gepackt und als ich über die Grenze fuhr und in Deutschland wieder ankam, war für mich auch das einigermaßen verpackt. Ich bin jetzt in Berlin, es kommen neue Aufgaben auf mich zu. Ende des Jahres kam dann schon die Anfrage, ob ich hier im Sommer nicht wieder Theater spielen möchte. Und im Mai 2022 war ich schon wieder da für drei Monate. Ich bin jetzt schon wieder in Wien, ich werde nächsten Monat in Wien sein, ich werde im nächsten Jahr in Wien sein. Also es ist offensichtlich alles so, wie es sein soll.

 

  • Was war 2022 Ihr schönster Moment?

Stefan Jürgens: Es gab eine Menge schöner Momente. Das Jahr 2022 war beruflich tatsächlich ein ziemliches Geschenk. Das Jahr begann damit, dass ich meinen ersten Gedichtband „Love Letters“ herausgebracht habe, im Februar zum Valentinstag, was mich sehr glücklich gestimmt hat. Dann kam im Juni/Juli die Premiere „Des Teufels General“, was für mich eine große Arbeit war, weil ich zum ersten Mal seit dreißig Jahren wieder Theater gespielt habe und dann gleich in so einer Rolle, die mich wirklich in Anspruch genommen hat – und es wurde ein riesiger Erfolg! Dann kam später eine „RTL-Samstagnacht-Revival-Show“, wo ich nach 25 Jahren meine damals mit mir berühmt gewordenen Kollegen wiedersehen durfte und auch den traurigen Anlass des Gedächtnisses unseres verstorbenen Mitstreiters Mirco Nontschew im Rahmen einer Sendung feiern durfte.

Es folgte ein Highlight für mich, das Konzert im Wiener Konzerthaus im Rahmen meiner „Was zählt“-Tour, gefolgt von der Nominierung zum Nestroypreis, die sich am Ende des Tages zu einer tatsächlichen Preisverleihung auswuchs – ich kann mich in diesem Jahr nicht beklagen (lacht)!

 

  • Was sind Ihre beruflichen Pläne für 2023 – worauf dürfen wir uns freuen?

Stefan Jürgens: Wir sind jetzt kurz vor Vollendung der Planung für 2023: es wird wieder eine große Theaterproduktion geben, eine relativ große Filmproduktion, eine ausgedehnte Tour „So viele Farben“, die jetzt gerade begonnen hat – in Wien spielen wir übrigens im März 2023 wieder im Konzerthaus – insgesamt werden es dann 35-40 Konzerte bis Jahresende. Und dann ist das Jahr auch schon fast durch (lacht).

 

  • Welche Musik hören Sie privat gerne? Haben Sie ein Lieblingsklavierstück?

Stefan Jürgens: Ich habe eigentlich kein Lieblingsklavierstück und das liegt auch daran, dass ich in meinem Leben so viel Musik gehört habe. Mit 14, 15 Jahren habe ich wahnsinnig viel Beatles gehört – ich gehörte zur Beatles Fraktion, nicht zur Rolling Stones Fraktion -, dann habe ich angefangen mit Kollegen Musik zu machen, habe sehr viel Jazz und Jazzrock gehört (Chick Korea, Keith Jarrett und Herbie Hancock waren meine Klavier-Heroes in frühen Jahren). Dann habe ich mit 16, weil ich Musiker werden wollte, aber am Klavier völlig abgehangen war, angefangen Kontrabass zu lernen. Wie ein Verrückter habe ich geübt, spielte sogar kurzzeitig im Orchester, hatte einen wunderbaren Lehrer, der wiederum einen wunderbaren Lehrer hatte, bei dem er studierte, der wiederum war ein Meisterschüler vom berühmten Wiener Bassisten Ludwig Streicher. In dieser Phase habe ich ganz viel Klassik gehört. Dann habe ich angefangen Theater zu spielen, den Kontrabass habe ich dann aber wieder sein lassen, die Zeiten waren begrenzt, ich musste ja auch pro forma noch in die Schule, weil ich es meinen Eltern versprochen hatte, dementsprechend war auch mein Abiturdurchschnitt – ich glaube, mit dem Durchschnitt würde man heute gar nichts mehr machen können (lacht). Mit 19 ging ich dann auf die Schauspielschule und seitdem habe ich querbeet eigentlich immer alles gehört. Weil wir von Klassik reden: die schönsten Klavierstücke sind für mich die Klavierkonzerte von Beethoven, ungebrochen, nach wie vor, die sind mir am nächsten. Ansonsten mag ich alles, was kommt, was Spaß macht und alles, wo man gut klauen kann (lacht).

 

Das Interview führten Viktoria Binder und Matthias Spielvogel

 

 

Viktoria Fellinger